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  • AutorenbildReini Frei

Tag 13: Capriate S.G./Roncello – Monza (18.8 km). Allein. Gehen. “Margreth”. MONZA!

Allein. Man hört nur noch zwei Füsse und zwei Stöcke, hat nur noch zwei Augen, zwei Ohren, zwei Hände (schwierig, die Wasserflasche hinten aus dem Rucksack zu holen, ohne ihn abzulegen!). Allein auf der Weitwanderung. Man ist bei sich, auf sich gestellt. «Willst du schnell gehen, geh allein; willst du weit gehen, geh zu zweit.» Ich halte mich für die nächsten Wochen weder an das eine noch das andere: ich gehe langsam allein und ich gehe weit allein. So habe ich es mir vorgenommen. Ich will sehen, was das Gehen allein in und aus mir macht…


Gehen, Draussen sein ist ein Gefühl von Freiheit, sind gelebte Freiräume. Nicht bei allen. In Grossbritannien, so schreibt Erling Kagge in seinem Büchlein „Gehen. Weiter gehen“, verbringen drei Viertel aller Kinder weniger Zeit im Freien als die Leute im Gefängnis. Das ist schrecklich. Wandern bringt uns nicht nur weiter, sondern auch näher – zu sich, zur Natur, zur Familie (die ich natürlich schmerzlich vermisse) und ganz allgemein zu unserer Umwelt. Man ist glücklich, weil man gehen kann. Gehen ist das radikalste, was man tun könne, so Kagge. Tatsächlich, man kommt „runter“, wird geerdet und alles relativiert sich.


Als wir in den letzten Tagen oft viele Kilometer schnurgerade verlaufenden Damm- oder andere Wege entlangwanderten, fühlte ich eine Leichtigkeit (trotz 9kg-Rucksack), die mich beflügelte. Ich komme dann in Versuchung, schneller zu gehen. Möchte das Gefühl dieser Freiheit noch mehr auskosten. Mehr davon bekommen. Wie in einem Rausch, wo sich alles schneller dreht, Bilder auftauchen und wieder verschwimmen und du in diesen Wirbel von Eindrücken versinkst. Immer tiefer. Ich muss mich dann bremsen, weil ich weiss, dass diese Zeit, dieser Abschnitt des Weges, das Hier und Jetzt nicht nochmals kommt. Es ist das letzte Mal, dass ich dieses Gefühl, diese Natur, diese Freiheit genau hier erlebe. Morgen sind es andere Eindrücke und Gedanken. Andere Wege.


Vor diesem Hintergrund ist auch eine Geradeaus-Strecke auf einem Damm, entlang einem Fluss, sei sie noch so lang, nicht lang-weilig, nein, sie ist lang-lebend – die Erinnerung an solche Strecken – und ihre dabei entstandenen Ideen, Gedanken, Bilder - können ebenso bereichernd und dauerhaft sein, wie jene auf einen Gipfel. Das wird mir Stefan bestätigen, der sich – wie ich – noch immer an jene langen (Strand-)Wege in Irland erinnert! Wer nicht auf Hacken und Steine (am Berg) oder gefährliche Kurven und Gegenverkehr (mit dem Auto) achten muss, sondern nur auf seine (langsamen) Schritte und (stillen) Gedanken, der kommt zu sich. Der ist!


Ich wandere, also bin ich. Heute bin ich zuerst nicht, denn ich fahre - im Taxi. Eric nimmt mich ein Stück mit, bevor er nach Bergamo und dann sein Auto holen geht. In Roncello verabschieden wir uns. Es waren schöne Wandertage, mit guten Gesprächen und feinem Essen. Nun übergebe ich das Kommando an «Margreth». Sie führt mich auf dem im Komood-App gewählten Wanderweg zielgenau an dicht besiedelten Gegenden und verkehrsreichen Strassen vorbei durch den Parco Agricolo Nord Est. Eine wunderbare, märchenhafte Gegend mit viel Wald, Gemüseanbauten, beschatteten Pfaden, hohen Buchen und Platanen und schlussendlich durch den grossen Park nach Monza hinein.


MONZA! Jugend-Erinnerungen. 1970. Jochen Rindt verunglückt im Training in der Parabolica tödlich und Clay Regazzoni gewinnt das sonntägliche Rennen auf Ferrari vor Jackie Stewart. Trauer und Triumpf nahe beisammen. In vier Tagen donnern sie unweit von meinem Hotel wieder um den Circuit im Park Royal. Dann werde ich aber schon in der Ruhe der Po-Ebene langsame «Runden» drehen.


In Monza komme ich ausgeruhter als auch schon an – es waren auch «nur» 18 km. Wie mir selbst gestern versprochen, werde ich nicht mehr als 20 km am Tag wandern. Das wird mit sich bringen, dass ich meine Tour neu ausrichten muss – und wohl auch mindestens einmal mit Bus oder Bahn eine Etappe überspringen muss. Möge mir Columbanus verzeihen. Ich tue mir.


Ausgangs Roncello im Parco Agricolo

Herrliche Pfade im Schatten....

...und auch mal an der Sonne...

Bohnen-Felder soweit das Auge reicht und die Füsse tragen...


Stille Orte...

...und laute!

Graffiti-Kunst am Wegesrand




Der Parco Reale in Monza - schöne Wege, hohe, schattenspendende Bäume, aber...



...wenige Bänke zum Ausruhen. Ich habe um die Mittagszeit einen in Beschlag genommen!


Dom von Monza - Ähnlichkeit mit welchem? Rate!


Das Innenleben


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